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Predigt zum 7. Sonntag nach Trinitatis 2020

Hören und lesen Sie die Predigt von Pfarrer Christian Noeske zum 7. Sonntag nach Trinitatis 2020:

 Predigt zum 7. Sonntag nach Trinitatis 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

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Predigt zum 7. Sonntag nach Trinitatis 26. Juli 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

40 Jahre in der Wüste!

Die Bibel erzählt, dass das Volk Gottes eine so lange Zeit durch die Wüste wandern musste.

Und dass das Volk dabei durch Gott auf wundersame Weise gespeist wurde:
Durch das sprichwörtlich gewordene Manna in der Wüste.

Der Weg durch die Wüste ist kein angenehmer Spaziergang, vielmehr eine Strapaze! Ein Weg geprägt durch Entbehrungen.

Der Weg durch die Wüste ist mühsam und bedrohlich.
Die Wandernden können vom Weg abkommen und sich verlaufen.
Das Wasser kann ausgehen und die Reisenden sind vom Tod bedroht.

Nein, der Weg durch die Wüste ist kein Vergnügen, sondern mühsam und gefährlich!

Die Vorstellung eines „wandernden Gottesvolks“ gibt es auch im Neuen Testament:
Die junge christliche Gemeinde – die ersten Christinnen und Christen – werden als solches angesehen. Und auch ihr Weg ist ein Weg durch die Wüste, denn auch für sie waren es mühsame Zeiten:

Die Begeisterung des Anfangs ist verflogen!
Die Mühsal des Alltags ist eingekehrt!
Und zum Teil wurde die Anhänger der neuen Glaubensrichtung benachteiligt oder sogar richtiggehend verfolgt.

Deshalb waren die Christinnen und Christen der ersten und zweiten Generation von Ermüdung, Lähmung, von Resignation und sogar Abfall vom Glauben bedroht.

Ermutigende Worte auf dem Weg durch die Wüste sind nachlesbar in einem der Briefe im Neuen Testament: Im Hebräerbrief.

Über mehrere Kapitel hinweg finden sich hier: Ermutigende Worte, aufmunternde Sätze, Ansporn weiter auf dem beschwerlichen Weg der Nachfolge Jesu Christi zu gehen, einem Weg der vergleichbar ist mit der Wüstenwanderung des Gottesvolks des ersten Bundes.

Im Hebräerbrief heißt es beispielsweise:

„Lasst uns festhalten am Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken,
denn er ist treu, der sie verheißen hat.“

oder

„Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat
Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr de Willen Gottes tut und das Verheißene empfangt.“

Auch wir gehen ja momentan durch eine besondere Zeit und eigentlich ist es ja auch wie so eine Wüstenzeit: Die Zeit der Pandemie - die „Corona-zeit“, die wir momentan durchwandern.

Wir haben nun etwa 4 Monate Erfahrung damit.

Wir mussten uns innerhalb von kurzer Zeit auf eine neue Normalität einrichten.

Und spüren und merken: Das Leben mit Corona ist nicht zu vergleichen mit dem Leben vor Corona.

Es fehlt eine Leichtigkeit, eine Selbstverständlichkeit, eine Unbefangenheit, die uns über Jahre und Jahrzehnte geprägt hat.

Volle Stadien, volle Theater oder Konzertsäle, Menschenansammlungen, Gedränge und Geschiebe: All das ist in der Coronazeit undenkbar und wenn ich Bilder aus den vergangenen Jahren sehen, zucke ich heute unwillkürlich zusammen.

Ja – in gewisser Weise ist auch unser Weg durch die Corona-Zeit vergleichbar mit einem Weg durch die Wüste

Und deshalb tut es uns gut, die kleinen oder großen Zeichen zu sehen, dass es Fortschritte gibt und wieder größere Freiheiten möglich sind.

Leben mit Corona

Ich fand es interessant, in einem Gemeindebrief einer evangelischen Kirchengemeinde im Schwarzwald eine Rubrik zu finden: „Corona-Krise positiv erlebt“.

Hier sind namentlich gekennzeichnete Beiträge zu finden, die aufhorchen lassen:

Eine Hebamme, schreibt:

Ich habe bei der Arbeit die Erfahrung gemacht, dass die Leute sehr verständnisvoll auf die Einschränkungen (z.B. Besuchsverbot, Maskenpflicht) reagiert haben und auch sehr rücksichtsvoll waren. Das habe ich so nicht erwartet.
Privat haben viele Leute angerufen, mit denen ich sonst eher wenig Kontakt hatte und einfach mal nachgefragt, wie es mir so geht.

Auch beim Spazierengehen hat man gemerkt, dass den Leuten der Kontakt zu anderen fehlt, denn oft ergab sich ein Gespräch (auf Abstand), wo man früher vielleicht nur kurz gegrüßt hätte und dann vorbeigegangen wäre.

Eine Mama schreibt:

Anfang März kam unser Sohn auf die Welt und wir erlebten den Besuchsstop ab Mitte März als einen Segen für unsere kleine Familie. Wir sind Gott für die „geschenkte Ruhe“ dankbar, so konnten wir uns in aller Ruhe aufeinander einstellen.

Und eine kirchliche Jugendmitarbeiterin schreibt:

Ich bin Gott dankbar für die kreativen Mitarbeiter und die technischen Möglichkeiten (skyp, zoom u.s.w.) – denn so konnten wir die Angebote der Jugendarbeit weiterhin anbieten.

Corona-Krise positiv erlebt

Wir kennen eine Zeit vor Corona?

Wird es eine Zeit nach Corona geben? Wir wissen es nicht. Vielleicht wird es nur eine Zeit mit Corona geben.

Und dass wir Menschen vorsichtig bleiben, Bedrohungen ausweichen und trotzdem nicht aufhören, die Dinge zu tun, die uns Freude und Spaß machen.

Auch hier ist ein langer Atem nötig - wie ihn das Volk Gottes nötig hatte auf dem biblischen Weg durch die Wüste.

Zu diesem „langen Atem“, zu dieser inneren Ausdauerleistung, ermuntert uns der Schreiber des Hebräerbriefes.

Kommen wir noch auf die Worte des 13. Kapitels im Hebräerbrief zu sprechen, die in der evangelischen Leseordnung für den heutigen Sonntag als Predigttext angegeben sind.

Hier heißt es

„Bleibet fest in der geschwisterlichen Liebe!

Gastfrei zu sein vergesst nicht, denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.

Denkt an die Gefangenen als wärt ihr Mitgefangene und an die Mißhandelten, weil ihr auch noch im Leibe lebt.“

Soweit dieser kurze Bibeltext - mit einem Motiv, das sich im Hebräerbrief durchzieht:

Diese Ermutigung, die Aufmunterung: Nicht aufzugeben! Dranzubleiben!

Nicht loslassen! Festhalten am Glauben, am Vertrauen!

„Bleibt fest in der Liebe, wie sie Brüder und Schwester haben“

Jesus sagt einmal: Wer ist denn mein Bruder und wer ist meine Schwester?

Bruder und Schwester sind mir, die den Willen Gottes tun.

Wie gut, dass wir nicht allein unterwegs sein müssen im Glauben an Gott, sondern gemeinsam mit vielen anderen auf dem Weg sind.

Für mich wird das immer wieder sehr deutlich auf den Kirchentagen an den unterschiedlichen Orten. Zuletzt ist der Deutsche Evangelische Kirchentag in Dortmund gewesen.

Im nächsten Jahr ist wieder ein ökumenischer Kirchentag geplant, recht nah bei uns in Frankfurt. Ob er wohl trotz Corona oder mit Corona stattfinden kann?

Ein weiterer Impuls aus diesem 13. Kapitel des Hebräerbriefs ist die Gastfreundschaft

Wie gut, wenn wir das im privaten Bereich aber auch im gesellschaftlichen Bereich leben.

Wir haben in den Nachrichten davon gehört, dass die Bundesrepublik kranke Kinder und ihre Familien aus den Flüchtlingslagern in Griechenland und Italien aufnimmt.

Es ist im Sinne der christlichen Nächstenliebe, wenn wir nicht nur im privaten Umfeld gastfrei und gastfreundlich sind, sondern wir auch gesellschaftlich Menschen in Not eine Zuflucht geben.

Schließlich möchte der Schreiber des Hebräerbriefs Christinnen und Christen ermutigen, an die zu denken, die wegen ihres Glaubens Nachteile erleben müssen oder sogar im Gefängnis sitzen und verfolgt werden.

Vergessen wir diese unsere Geschwister nicht und beten wir für sie und hoffen wir, dass auch sie eines Tages frei ihren Glauben leben können. Wenn wir an verfolgte und bedrängte Christinnen und Christen denken, wird uns auch bewusst, wie gut es uns geht und dass es ein Vorrecht ist, in Freiheit und unbedrängt unseren Glauben leben zu können.

Auch der Weg der Verfolgung ist ein Weg durch die Wüste – so sagten es auch die französischen Protestanten im 17. und 18. Jahrhundert als sie durch schlimme Verfolgungen gingen. Rückblickend nennen sie diese Zeit „Zeit der Wüste“
„Le temps du désert“
Und in Anduze in den Cevennen gibt es ein eindrückliches Museum über die Verfolgungszeit. Es heißt „musée du désert“ Museum der Wüste.

Um Wüstenwege ging es heute.

Unser Weg durch die Coronazeit ist auch so ein Wüstenweg!

Ein mühsamer Weg – geprägt durch manche Entbehrungen!

In allem, was wir erleben, sind wir eingeladen auf Gott zu vertrauen oder mit den Worte des Hebräerbriefs:

„Lasst uns festhalten am Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken, denn er ist treu, der sie verheißen hat.“

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unser Denken bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

 

Amen

 

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