Predigt zum 2. Sonntag nach Trinitatis 2020

Hören und lesen Sie die Predigt von Pfarrer Christian Noeske zum 2. Sonntag nach Trinitatis 2020:

 Predigt zum 2. Sonntag nach Trinitatis 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

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Predigt zum 2. Sonntag nach Trinitatis 21. Juni 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

I

Ich gehe an den Briefkasten und finde neben einer Rechnung und Reklame einen schön gestalteten Brief. Als ich ihn öffne, sehe ich. Es ist eine Einladung. Ich bin persönlich und sehr herzlich eingeladen zu einer Feier. Gleich muss ich im Kalender schauen, ob ich Zeit habe.

Auch Sie werden schon solche Einladungen empfangen haben und sich gerne erinnern an Zusammenkünfte und Feiern, an Feste, die Sie miterlebt haben.

Um eine Einladung geht es auch im Bibeltext, der heute morgen in der Mitte stehen soll. Es ist ein Abschnitt aus dem Matthäusevangelium im 11. Kapitel.

„Jesus sprach:
ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde,
dass du dies den Weisen und Klugen verborgen hast
und hast es Unmündigen offenbart.

Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.
Alles ist mir übergeben von meinem Vater
und niemand kennt den Vater als nur der Sohn
und wem es der Sohn offenbaren will.

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid;
ich will euch erquicken.

Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir
denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig;
so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“

(Matthäusevangelium Kap 11, 25-30)

II

Also: Wir sind eingeladen!
Nicht nur wenige Auserwählte, nicht nur der innere Zirkel,
nicht nur die Reichen und Schönen
„Kommt her zu mir alle“ ist der Ruf Jesu, den wir heute morgen hören.
Und sicher auch als ganz persönliche Einladung nehmen können.
Der Frankfurter Studenten- und Jugendpfarrer Eugen Eckert hat einen schönen Liedtext gedichtet, in dem er dieses Motiv aufnimmt:

Eingeladen zum Fest des Glaubens!

„Aus den Dörfern und aus Städten
von ganz nah und auch von fern
mal gespannt mal eher skeptisch
manche zögernd viele gern
folgten sie den Spuren Jesu
folgten sie dem, der sie rief,
und sie wurden selbst zu Boten,
dass der Ruf wie Feuer lief:
Eingeladen zum Fest des Glaubens“

Kommt her zu mir alle… so sagt es Jesus!

Wir hören die Einladung zuerst einmal für uns selber!
„Unruhig ist mein Herz in mir bis es Ruhe findet, Herr, bei dir“
ist ein Ausspruch des Kirchenvater Augustinus.

Und dieser Ausspruch bringt zum Ausdruck, was uns mit dem Geschenk
des Glaubens gegeben ist: Dass wir „Ruhe finden“ und Zufriedenheit

In Taizé singen sie: „Mon ame se repose en paix sur Dieu seul“

Meine Seele kommt in und bei Gott zur Ruh - ja ruht sich aus bei dir

Ich wünsche es mir und uns, in den unterschiedlichen Situationen,
dass wir dieser Einladung Jesu folgen können und bei ihm innerlich zur Ruhe zu kommen.

Diese Ruhe bedeutet aber keine Lähmung,
kein Eindösen, sondern aus dieser inneren Ruhe kann viel Kraft fließen:
Wenn wir uns im Gebet an Gott wenden,
nehmen wir die Einladung Jesu ernst und an: Kommet her, zu mir alle!

III

Dann werden aber im Ruf Jesu diejenigen noch deutlicher angesprochen,
die insbesondere den Ruf hin zur Quelle des Trostes hören sollen:

„die ihr mühselig und beladen seid“

In einer anderen Bibelausgabe heißt es: „die ihr euch abmüht und belastet seid“

ihr werdet bei mir Ruhe finden.

Ich habe mich gefragt: Wer fällt mir ein, der in dieser Zeit besonders gefordert,
besonders belastet ist?

Recht spontan fielen mir die Familien mit jungen Kindern ein,
für die die Betreuungsmöglichkeiten mit dem Lockdown weggefallen sind,
und die nun seit fast 3 Monaten
Home-schooling und Home-entertaining machen
und das manchmal mit 4 Personen in 3 ½ Zimmern.

Besonders belastet sind natürlich alle, die im pflegerischen Bereich arbeiten
die Ärzte und weiteren Betreuungskräfte für Kranke oder Pflegebedürftige.

Mir fallen die ein, die aus den Ländern des Ostens herkommen und mit niedrigen Löhnen bei uns auf den Feldern oder in den Fleischfabriken arbeiten und oft in einer Art Notunterkunft wohnen und schlafen müssen.

Durch die Pandemie wird unser Blick geschärft für diese prekären Beschäftigungen und das ist gut so.

IV

Menschen, die durch ihre besondere Situation belastet sind, das sind sicherlich auch diejenigen, die einmal im Monat hier zu uns in die Gemeinde kommen, wenn wir die Türen öffnen zum Obdachlosenfrühstück.

Hier haben wir Menschen, die wirklich auf der Straße leben. Die alles, was sie haben, auf ihrem Fahrradanhänger transportieren und von jetzt auf gleich entscheiden:
Geh ich nach Norden oder geh ich nach Süden? – Denn sie haben keinen Ausgangspunkt, kein „Zuhause“, keinen Ort, den sie „daheim“ nennen können.

Und wir haben solche, die ein notdürftiges Zuhause haben, das aber wirklich nur notdürftig ist.

Auch sie sind im eigentlichen Sinne ohne festen Wohnsitz, weil die Gartenhütte, in der sie geduldet sind oder die Wohnung des Freundes, wo sie gerade mal unterkommen, nicht vergleichbar ist mit jemand, der eine feste Unterkunft hat.

Ich finde es gut, dass wir in unserer Gemeinde schon seit vielen Jahren einen Ort haben, wo die Mühseligen und Beladenen, die heute im Blick sind, besonders eingeladen sind.

Wo sie vorkommen, wo sie willkommen sind.

Das ist möglich, weil Menschen bereit sind, sich zu engagieren.
Das ist möglich, weil andere bereit sind, diese Arbeit finanziell oder durch materielle Spenden unterstützen.

Der Satz: „Gott braucht Menschen um ein Gott der Menschen zu sein“ wird an den ersten Freitagen im Monat wahrnehmbar.

Ob hier oder an anderen Stellen: Wir sind aufgefordert und aufgerufen, uns einbinden zu lassen in die Einladung, die Jesus hier ausspricht, und die gerade den Armen
gerade den Bedürftigen, gerade den Notleidenden besonders gilt.

V

Im Gleichnis Jesu aus dem gleichen Evangelium fragen die Gerechten:

Wann haben wir dich hungrig, wann haben wir dich durstig, wann haben wir dich in Not gesehen.

Und Jesus sagt: Was ihr getan habt an einem meiner geringsten Brüder und Schwestern, das habt ihr mir getan.

So hören wir heute eine doppelte Einladung aus dem Munde Jesu:
Selber Ruhe, Gelassenheit, inneren Frieden finden, gerade wenn wir belastet, gestresst, beunruhigt oder in Sorge sind.

Und die Einladung, uns einbinden zu lassen in die Mission Jesu,
den Bedürftigen nahe zu sein. Sie zu erquicken und zu stärken.

Ihnen und uns gilt die Einladung Jesu:
Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid
ich will euch erquicken

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unser Denken,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

 

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